Oberstdorf-for-Future Symposium zur Energiewende
„Wir müssen es gemeinsam schaffen“
Mit dem bereits dritten Symposium bestätigte Oberstdorf-for-Future (OfF) erneut, dank mutmachender Impulse den Weg zur 100 Prozent klimaneutralen Marktgemeinde ebnen zu können.
Den konstruktiven Ansatz unterstrichen die Referenten zum aktuell-brisanten Thema Wärmewende. Dabei gelang es Bernhard Hatzer, die Erfolgsgeschichte der Genossenschaft Bioenergie Kleinwalsertal ebenso selbstbewusst („ich bin durch das Projekt zum Idealisten geworden“) wie selbstkritisch („wir haben Lehrgeld bezahlt“) darzustellen. Was 2008 als Kleinanlage für ein paar Nachbarn gedacht war, ist inzwischen der Lieferant für warme Zimmer und heiße Duschen in 260 Objekten.
Das Hackschnitzelheizwerk liefert im Jahr durch 20 Kilometer Leitungsrohre 234 Millionen Kilowattstunden an Wärme. Dafür bringen 1200 Lastwagen 42 000 Schüttraummeter Hackgut aus Wipfel- und Astmaterial ins Tal. „Unsere Lieferanten kommen aus der Region bis Sonthofen, da bleiben wir unserer Selbstverpflichtung treu“, unterstrich der Obmann der Genossenschaft mit ihren 228 Mitgliedern. Nicht nur die CO2-Bilanz von Anbieter und Nutzern fällt überzeugend aus. Seit dem Start konnten 64 Tonnen an CO2 eingespart werden.
Damit die Energiewende im Kleinwalsertal weiter vorangetrieben wird, arbeiten Aufsichtsräte und Vorstände bereits intensiv an einem flexiblen Konzept mit Erweiterung durch Photovoltaik auf vielen Dächern kombiniert mit Wärmepumpen- Technik. Das sei sowohl ökonomisch als auch ökologisch der richtige Weg, deshalb kam der Rat an die Oberstdorfer: „Es lohnt sich. Steigt ́s ein, kommoder geht ́s nicht.“
Mit so viel Rückenwind von den Nachbarn stieg die Aufmerksamkeit im gut gefüllten Saal des „Wittelbacher Hofs“ für ein detailliertes Konzept zur Fernwärme-Lösung mit lokaler Biomasse für Oberstdorf. Benedikt Kappeler und Urban Kutschenreuter von der Forstbetriebsgemeinschaft Oberallgäu-Oberstdorf haben dafür nicht allein die Wärmeversorgung im Blick, sondern auch den steigenden Strombedarf. Ihr Ansatz, der die Oberstdorfer Waldbesitzer-Vereinigung bereits seit Jahren intensiv beschäftigt, bezieht deshalb Großwärmepumpen mit ein.
„Die Biomasse Hackgut ist zu wertvoll, um damit nur Wärme zu erzeugen“, betonte Kutschenreuter. Benedikt Kappeler unterstrich die Bedeutung von Sägerestholz, um ausreichend Hack- Material aus dem direkten Umkreis zu sichern. Mit Thorsten Metke, einem der Klimaschutzbeauftragten des Landkreises, waren sich die Referenten einig darin, dass die größte Herausforderung die Schaffung von ausreichend Großpufferspeichern werde. Kutschenreuter und Kappeler stellten klar: „Wir haben das Konzept so weit vorangetrieben, wie wir es als ehrenamtliche so nebenbei schaffen konnten. Wir bleiben Anschieber. Aber jetzt muss die Planungsphase durch die politisch Verantwortlichen vorangetrieben werden.“ Dazu passte gut die Botschaft des wegen Terminüberschneidungen verhinderten Bürgermeisters King, die Moderator Frank Lohmann überbrachte. Er sieht demnach gute Chancen für Nahwärme-Lösungen für Teile von Oberstdorf.
Wie entscheidend die Kommunen in der Umsetzung der Energiewende sind, machte Thorsten Metke deutlich. „Wir haben nur noch bis 2035 Zeit, um die vereinbarten
Klimaziele zu erreichen. Dafür müssen wir schneller und innovativer werden.“ Und weil der Kreis weder fördern noch investieren dürfe, agiere er als Motivator für die Kommunen, die Macher der Energiewende sein müssten. Gemeinsame Projekte der in der Energieallianz Oberallgäu zusammengeschlossenen Gemeinden liefen an, Oberstdorf sei da vorne mit dabei.
Der nächste wichtige Schritt stehe mit der kommunalen Wärmeleitplanung an, machten auch Kutschenreuter und Kappeler klar. Sie mahnten jedoch, schon jetzt Kapazitäten bei passenden Planungsbüros zu sichern, um nach der Feststellung des Status Quo in der Marktgemeinde dann nahtlos in die Konkretisierung des Wärmekonzeptes eintreten zu können. „Sehr optimistisch“ können dann auf den Baubeginn einer lokalen Lösung in zwei bis drei Jahren gehofft werden. „Es muss klappen, auch wenn hohe Hürden im Weg stehen“, waren sich die Experten auf dem Podium einig.
Damit stießen sie im Publikum auf positive Resonanz, denn Fragen zu Energiepflanzen als Ergänzung zum Holzhackgut, zur Nutzung von Wärme aus dem Abwasser, nach grünem Wasserstoff, kleinteiligen nachbarschaftlichen Heizwerken oder Solarthermie bewiesen, wie nachdenklich Bürgerinnen und Bürger mit nach Lösungen suchen. Das Motto der Veranstalter von OfF „Die Energiewende gemeinsam gestalten – Ideen und Ansätze“ traf also voll den Nerv der Zeit. Und der Austausch darüber gelang, so lobte Frank Lohmann, „absolut sachlich und ohne Ideologie-Vorwürfe“.
(alle Fotos: Studio Kunterbunt, Simon Wiesinger)
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