4. SYMPOSIUM – „Wohnen 2030 – Gemeinsam gestalten“

Oberstdorf-for-Future Symposium zum Wohnen in der Zukunft

 

Am 4. Februar 2025 fand im Wittelsbacher Hof in Oberstdorf unter der Überschrift „Wohnen 2030 – Gemeinsam gestalten“ das mittlerweile vierte Symposium statt. Mit diesem Thema wurde der Nerv der Zeit getroffen. Das zeigte eindrucksvoll das starke Interesse der über 100 Teilnehmer, die den Saal im Wittelsbacher Hof bis auf den allerletzten Platz füllten. Sie hörten von kompetenten Referenten gute Beispiele für Lösungen, die den Wohnungsmarkt angesichts von Mangel und Mietenexplosion sozialverträglich und zukunftsorientiert gestalten helfen. Wie prekär die Situation in Oberstdorf im Spagat zwischen Beherbergungsbetrieben und Wohnbedürfnissen der Bevölkerung ist, bewies eine lebhafte Diskussion.

Unter dem Motto „100% klimaneutrales Oberstdorf – Wohnen 2030 gemeinsam gestalten“ gab Christine Grosse von der Wagnis-Genossenschaft Einblick in die Erfolgsgeschichte und verschwieg nicht, wie wichtig dabei langer Atem und Beharrlichkeit sind. Dass sozial und nachhaltig wohnen selbst im Mieten-Hotspot München gelingt, hängt ihrer Erfahrung nach auch vom Umdenken der politischen Entscheider im Rathaus ab. Dort werden bei Ausschreibungen neuer Bauprojekte inzwischen sinnvolle Projekt-Konzepte stärker bewertet als der höchste Preis. Außerdem bietet die Stadt Beratung an und ermöglicht so wie für die Wagnis-Genossenschaft auch anderen Trägern die Chance, am Gemeinwohl orientiert bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wagnis-Genossen zeichnen Anteile und sind Eigentümer und Mieter auf Lebenszeit zugleich. Mit 4.500 Mitgliedern und acht Projekten mit 700 Wohneinheiten, in denen ein gesellschaftlicher Mix an Bewohnern wichtig ist, setzt die vor über 20 Jahren gegründete Initiative Maßstäbe. Alle profitieren davon, dass Veranstaltungsräume, Werkstätten, Gäste-Appartements, Tobe-Zimmer für die Kleinen oder Co-Working-spaces gemeinschaftlich genutzt werden können. Auch auf das jeweilige Stadtviertel wirken sich Wagnis-Bauten positiv aus, nicht zuletzt durch stets im Erdgeschoß eingerichtete Gewerberäume. Christine Grosse machte Mut: „Genossenschaften funktionieren überall, nicht nur in Großstädten.“ Dass nachhaltig und ökologisch verträglich gebaut wird, ist dabei selbstverständlich und nicht nur Klima-Freunden wie denen von OfF wichtig.

All das sind Werte, die auch im Mietshäuser Syndikat geteilt werden, für das York Runte beim Symposium von den Chancen des selbst organisierten und solidarisch finanzierten Wohnens berichtete. Das Credo seiner Organisation: Menschenwürdiger Wohnraum für alle, und das ohne privaten Besitz. Dadurch werde die nicht vermehrbare Ressource Boden aus der Spekulation gelöst. Von diesem Konzept lassen sich etwa Hausbesitzer überzeugen, denen die gesamte Fläche zu groß geworden ist und die dank Mietshäuser Syndikat wohnen bleiben und nach Umbau passende Nachbarn finden können.

5.400 Menschen gehören zum Syndikat, das in den letzten 20 Jahren rund 350 Millionen Euro investiert hat, um ganz unterschiedlich große Wohneinheiten vom 5-Personen-Haus bis zum Handwerkerhof vor allem in Altbauten neu nutzbar zu machen. Im Unterschied zur Genossenschaft sind dabei keine Einlagen nötig, aber selbst kleinste Nachrangdarlehen als Eigenkapitalanteil sehr bewährt. Die Miethöhe wird auf freiwilliger Basis nach Einkommensverhältnissen festgelegt und Transparenz für alle im Projekt garantiert. Auch York Runte betonte: „Gemeinden können Einfluss nehmen auf den Wohnungsmarkt, wenn sie sich nicht allein vom schnellen Geld leiten lassen.“

Bei der Oberstdorfer Architektin Angelika Blüml schwang da eine große Portion Skepsis mit: „Das würde in Oberstdorf niemand machen.“ Bürgermeister Klaus King zeigte sich offen und ermunterte uns als Oberstdorf-for-Future, durch die Bildung einer am gemeinschaftlichen Wohnen interessierten Gruppe als Gesprächspartner für mögliche Verkäufer aufzutreten. Fragen nach bezahlbarem Wohnen etwa am Trettachkanal oder im Karweidach, das als Gewerbefläche dafür jedoch nicht in Frage kommt, parierte King mit Zahlen aus dem letzten Zensus. Demnach gibt es in Oberstdorf 326 leerstehende Wohnungen und über 1.200 Zweitwohnungen. Der Markt hat 57 Wohnungen im Angebot mit Quadratmeter-Preisen zwischen 4,80 und 8,80 Euro. „Da legen wir jedes Jahr 100.000 Euro drauf, um günstig vermieten zu können,“ rechnete er vor. Versuche gemeinsam mit dem SWW zum Wohnungstausch zu animieren seien ins Leere gelaufen. Solche Beispiele zeigte auch ein Kurzfilm, der außerdem Aufstockungen auf Garagen und Beratung für überforderte Hausbesitzer beim Vermieten vorstellte. Dass dafür zum Teil auch Satzungsänderungen nötig sind, weiß auch Klaus King. Er betonte, dass sich da bei den Stellplatz-Regelungen für Autos bereits etwas bewege und war nachdenklich, ob sich die im Symposium gezeigten Modelle durch Beratung der Kommune in Zukunft realisieren lassen könnten. Optimistischer blickte das seine Bürgermeister-Kollegin Bergith Hornbacher-Burgsteller voraus. „Das Umdenken hat begonnen, manche Preise bei uns für Häuser oder Bauland sind inzwischen geradezu obszön. Wir müssen den Verkauf unserer Heimat stoppen.“

 

 

Wer an der notwendigen gesellschaftlichen Transformation mitwirken will, ist bei uns willkommen. Bitte einfach über unsere Kontakseite melden.

 

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